3. Mai 2018

Landgericht verurteilt VW zu Neulieferung eines Tiguan II

Dieselgate_Geld_erklagt

LG Hamburg: VW zu Neulieferung eines typengleichen Neuwagens verurteilt

Dass die Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Abgasskandal immer verbraucherfreundlicher ausfällt, konnte schon seit geraumer Zeit beobachtet werden. Das Landgericht Hamburg setzte nun neue Maßstäbe für die Gewährleistungsrechte der Verbraucher.

Das Urteil: Stärkung von Verbraucherrechten

Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 07.03.2018, Az: 329 O 105/17 stärkt die Rechte der Käufer im Abgasskandal erheblich. Der Fall ist in zweierlei Hinsicht besonders: Das von der Abgasmanipulation betroffene Modell des Klägers wird nicht mehr produziert und das Software-Update wurde bereits durchgeführt. Ob der Verkäufer trotzdem zur Neulieferung eines typengleichen Neuwagens verpflichtet ist, klärte das Gericht nun abschließend – und zwar zu Gunsten des Verbrauchers.

VW Tiguan bereits mit Software-Update versehen

Der Käufer hatte im Jahr 2015 einen VW Tiguan I erworben, der aufgrund einer eingebauten Manipulationssoftware von einer Rückrufaktion des Konzerns betroffen war. Diese Software führte dazu, dass das Fahrzeug auf dem Prüfstand einen geringeren Ausstoß von Stickoxiden aufwies, als in normalem Fahrbetrieb. Der Kläger ließ im Rahmen der Rückrufaktion ein Software-Update aufspielen, da er eine Stilllegung seines Fahrzeuges befürchtete. Er suchte erst im Anschluss an das Update rechtliche Beratung.

Daraufhin forderte der Kläger VW zur Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs auf.

VW behauptet: Mangel durch Update behoben

VW vertrat den Standpunkt, dass der Mangel durch das Software-Update behoben wurde und somit der Anspruch auf Neulieferung nicht mehr besteht. Weiterhin sei eine Neulieferung ohnehin nicht möglich, da das Modell Tiguan I nicht mehr produziert wird. Eine Lieferung des aktuellen Tiguan II verweigerte der Konzern wegen Unverhältnismäßigkeit. Nach Meinung von VW seien die Unterschiede zwischen den Modellen zu groß, um anzunehmen, dass sie zu einer Gattung gehören. Der Tiguan II unterscheidet sich vor allem durch seinen neuen modularen Querbaukasten und durch seine Bauweise.

Ernüchterndes Urteil für VW – Software-Update keine ausreichende Nachbesserung

Das Gericht erkannte nicht nur einen Sachmangel, sondern sah auch einen Rechtsmangel gegeben. Der Sachmangel folge daraus, dass ein Käufer erwarten könne, dass das Fahrzeug die Abgaswerte einhält. Dieser Mangel konnte nicht durch das Software-Update beseitigt werden. Nach Angaben von VW führt das Update dazu, dass das Fahrzeug dauerhaft im Prüfstandmodus betrieben wird, sodass eine permanente Abgasrückführung stattfindet. Somit ist nach Ansicht des Landgerichtes Hamburg sicher absehbar, dass die Motorteile schneller verschleißen und das Fahrzeug somit an Wert verlieren wird.

Den Rechtsmangel sah das Gericht begründet, da der Käufer eines Neufahrzeuges erwarten kann, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht.

VW muss Tiguan II liefern

Weiterhin stellte das Gericht fest, dass die Unterschiede zwischen dem Tiguan I und dem Tiguan II unerheblich sind. Der Tiguan II hat lediglich 10 PS mehr und erfüllt die EURO-Norm 6. Zudem ist er größer, verfügt über mehr Ladevolumen und die technische Ausstattung sowie das Design wurden abgeändert. Das Argument von VW, dass der Tiguan II auf einem neuartigen modularen Querbaukasten beruhe, entkräftete das Gericht ebenfalls. Solche technischen Details sind dem Verbraucher meist nicht einmal bekannt oder jedenfalls bei seiner Kaufentscheidung irrelevant.

Das Gericht sprach dem Kläger somit einen Anspruch auf Neulieferung eines Tiguan II durch VW zu.

Die Folgen des Urteils: Handlungsbedarf für Betroffene

Das bemerkenswerte Urteil erhöht den Druck auf VW. Nicht nur wurde das Unternehmen zum ersten Mal auf Nacherfüllung nach dem Software-Update verurteilt, sondern auch zur Lieferung eines typengleichen Modells.

Wenn Sie ebenfalls ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug haben, sollten Sie sich rechtzeitig rechtlichen Rat einholen. Wir unterstützen Sie gerne bei der Geltendmachung Ihrer Rechte gegen die Automobilhersteller.

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